Eine BBC-Reportage deckte Missstände im britischen Spielerschutz auf.
In Großbritannien sollten Spielhallen gesetzlich verpflichtet sein, gefährdete Spieler durch klare Ausschlussmechanismen zu schützen. Doch eine jüngst veröffentlichte BBC-Dokumentation legt offen: In der Praxis versagt das System vielfach. Im Rahmen einer verdeckten Ermittlung meldete sich ein Reporter für den Selbstausschluss an – in sämtlichen Spielstätten innerhalb eines 40-Kilometer-Radius rund um die Stadt Portsmouth.
Recherche mit Signalwirkung: Wie ein Reporter das System testete
Das Ergebnis des Selbstversuchs war ernüchternd: In 13 von 14 getesteten Spielstätten wurde ihm trotz der aktiven Spielersperre der Zutritt gewährt, teilweise ohne jegliche Kontrolle.
Diese Rechercheergebnisse werfen ein beunruhigendes Licht auf die tatsächliche Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen, die insbesondere zum Schutz von Personen mit Spielsuchtproblemen etabliert wurden. Der Fall verdeutlicht, wie leicht sich bestehende Sicherheitsmechanismen in der Praxis umgehen lassen.
Schutz durch Sperre – eine theoretische Vorgabe?
Nach geltendem britischem Glücksspielrecht haben Kunden das Recht, sich freiwillig von der Teilnahme am Spielbetrieb ausschließen zu lassen. Dieser Selbstausschluss gilt dabei nicht nur für eine einzelne Spielhalle, sondern im Mindestfall für ein gesamtes Gebiet von einem Kilometer Umkreis – wobei die Sperrzone auf Wunsch erweitert werden kann. In der Konsequenz sollte ein ausgeschlossener Spieler keinen Zugang zu Einrichtungen innerhalb dieser Zone erhalten.
Zur technischen Umsetzung stehen zwei Programme zur Verfügung: SmartExclusion sowie das vom Branchenverband Bacta betriebene Sperrsystem. Doch laut BBC waren nicht alle getesteten Einrichtungen an diese Systeme angeschlossen – ein klarer Verstoß gegen geltende Auflagen.
Glücksspielkommission kündigt Aufklärung an
Die UK Gambling Commission (UKGC) hat auf die Rechercheergebnisse prompt reagiert. Sprecher der Behörde bezeichneten die dokumentierten Missstände als „sehr besorgniserregend“ und kündigten eine detaillierte Untersuchung an. Tim Miller, Direktor der UKGC, betonte:
„Wir müssen sicherstellen, dass Spielstätten nicht nur auf dem Papier Vorschriften einhalten, sondern sie auch konsequent umsetzen.“
Darüber hinaus soll geprüft werden, ob einzelne Anbieter dauerhaft gegen Richtlinien verstoßen haben – mit möglichen rechtlichen Konsequenzen. Auch eine Verstärkung der Inspektionspraxis sei laut Kommission denkbar.
Kommunale Forderungen nach Gesetzesreform
Die BBC-Recherchen treffen auf ein bereits hochsensibles Thema in der britischen Politik. Schon im April hatten 38 Stadträte aus verschiedenen Regionen einen offenen Brief an Kulturministerin Lisa Nandy verfasst. Darin fordern sie eine Überarbeitung des Lizenzrechts sowie die Ausweitung kommunaler Entscheidungsbefugnisse bei der Zulassung stationärer Spielbetriebe.
Ein konkreter Reformvorschlag wird derzeit vom London Borough of Brent in Zusammenarbeit mit der Denkfabrik Social Market Foundation erarbeitet. Ziel sei es, die Schutzmechanismen für sozial benachteiligte Gruppen zu stärken – gerade in Stadtteilen, in denen Spielstätten besonders dicht vertreten sind.
Hohe Einsätze trotz Schutzmaßnahmen
Obwohl in britischen Spielhallen mittlerweile Einsätze reduziert wurden, sind weiterhin Beträge von bis zu zwei Pfund pro Runde erlaubt. Damit sind selbst bei vorsichtigem Spiel Verluste von mehreren Hundert Pfund innerhalb kurzer Zeit möglich. Für Menschen mit Suchtproblemen bedeutet dies ein erhebliches Risiko – umso entscheidender wäre die Verlässlichkeit des Selbstausschlusssystems.
Die Enthüllungen der BBC zeigen auf schmerzhafte Weise, wie unzureichend der gesetzlich verankerte Spielerschutz in der Praxis funktioniert. Es genügt nicht, Vorschriften zu erlassen – entscheidend ist ihre wirksame Umsetzung.
Die kommenden Monate dürften zeigen, ob aus den aufgedeckten Missständen konkrete Reformen folgen – oder ob sie lediglich als weitere Episode in einer langen Liste regulatorischer Versäumnisse verblassen.
Quellen: BBC, The Guardian
Bildquelle: UK Gambling Commission