Das berühmte Bill 55 aus Malta ist der Europäischen Union ein Dorn im Auge.
Am 18. Juni hat die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Malta eröffnet. Hintergrund ist das sogenannte Gaming Amendment Act, besser bekannt als Bill 55. Nach Einschätzung der Kommission verstößt die maltesische Regelung gegen die EU-Verordnung 1215/2012 zur gerichtlichen Zuständigkeit sowie zur Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen in Zivil- und Handelssachen.
Systematische Ablehnung ausländischer Urteile?
Bill 55 verpflichtet maltesische Gerichte, Urteile aus anderen EU-Staaten gegen in Malta lizenzierte Glücksspielunternehmen grundsätzlich unter Berufung auf die öffentliche Ordnung zurückzuweisen. Aus Sicht der Kommission werde zudem ausländischen Klägern der Zugang zu maltesischen Gerichten in solchen Verfahren erschwert, obwohl dafür in vielen Fällen EU-rechtlich die Zuständigkeit gegeben sei.
Die Kommission geht davon aus, dass Malta damit wesentliche Bestimmungen der EU-Verordnung verletzt. Kritisiert werden insbesondere Verstöße gegen das Verbot der inhaltlichen Überprüfung ausländischer Urteile sowie gegen die enge Auslegung der Ausnahme wegen Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung.
Mit der Verordnung soll gewährleistet werden, dass Gerichtsentscheidungen zwischen den EU-Staaten gegenseitig anerkannt und grenzüberschreitend durchgesetzt werden können, insbesondere im Verbraucherschutz.
Malta muss nun innerhalb von zwei Monaten auf das Mahnschreiben der Kommission reagieren. Erfolgt dies nicht oder genügt die Antwort nicht den Vorgaben, könne die Kommission als nächsten Schritt eine mit Gründen versehene Stellungnahme abgeben. Diese bilde die Grundlage für eine mögliche Klage vor dem Europäischen Gerichtshof.
Glücksspielaufsicht verteidigt maltesische Linie
Ebenfalls am 18. Juni veröffentlichte die Malta Gaming Authority (MGA) eine Stellungnahme zu dem Verfahren. Nach Ansicht der Behörde enthalte Artikel 56A des maltesischen Gaming Act, der mit Bill 55 eingeführt wurde, kein grundsätzliches Verbot zur Vollstreckung ausländischer Urteile.
Vielmehr greife man lediglich auf das in der EU-Verordnung vorgesehene Kriterium der öffentlichen Ordnung zurück. Zusätzliche Ablehnungsgründe seien damit nicht geschaffen worden.
Die MGA verweist darauf, dass Maltas Glücksspielregulierung auf einem Punkt-zu-Punkt-Lizenzsystem beruhe. Unternehmen mit maltesischer Lizenz dürften ihre Angebote grenzüberschreitend bereitstellen, sofern sie die nationalen Vorgaben einhalten.
Die Regulierung solle dem Verbraucherschutz dienen und umfasse klare Vorgaben zu Spielerschutz, Jugend- und Minderjährigenschutz sowie verantwortungsvollem Glücksspiel. Darüber hinaus sei Malta nach Einschätzung der Behörde mit dieser Regelung im Einklang mit den Grundfreiheiten des EU-Binnenmarkts und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs.
Nationale Bestimmungen anderer Mitgliedstaaten, die den Marktzugang für maltesische Anbieter beschränkten, würden von der MGA als unionsrechtswidrig eingestuft. Die Behörde kündigt an, den Dialog mit der Europäischen Kommission konstruktiv fortzuführen.
Quellen: EU Kommission, Malta Gaming Authority