Der europäische Glücksspielmarkt wächst weiter - verliert Deutschland den Anschluss?
Europas Glücksspielbranche wächst – besonders im digitalen Bereich. Während sich in vielen Ländern Online-Angebote als führender Vertriebsweg etablieren, fällt Deutschland mit einer ungewöhnlich schwachen Online-Performance auf. Der aktuelle Bericht der EGBA offenbart ein geteiltes Bild zwischen europäischer Expansion und nationalem Rückschritt.
Wachstum trotz Sättigungstendenzen
Der europäische Glücksspielmarkt erwirtschaftete 2024 einen Bruttospielertrag von 123,4 Milliarden Euro – ein Zuwachs von 5 % im Vergleich zu 2023. Für 2025 wird ein weiteres Wachstum auf 127,7 Milliarden Euro erwartet. Während der landbasierte Sektor weitgehend stabil bleibt, liegt die Dynamik eindeutig im digitalen Bereich.
Mit einem prognostizierten Marktvolumen von 149,2 Milliarden Euro im Jahr 2029 und einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 6,9 % im Online-Segment wird die Bedeutung des Internets als Glücksspielplattform weiter steigen.
Online-Nutzung nimmt Fahrt auf
2024 belief sich der Umsatz im Online-Glücksspiel europaweit auf 47,9 Milliarden Euro. Damit macht dieser Bereich 39 % der gesamten Glücksspieleinnahmen aus – Tendenz steigend.
Bis 2025 wird ein Marktanteil von 40 % erwartet. Insbesondere die mobile Nutzung prägt diesen Trend: 58 % der Online-Einnahmen stammen bereits von mobilen Endgeräten.
Auch in der Produktverteilung setzt sich die Online-Orientierung durch: Casinospiele, Sportwetten und Lotterien verlagern sich zunehmend ins Netz. Gleichzeitig bleiben Produkte wie Spielautomaten fast ausschließlich dem landbasierten Bereich vorbehalten.
Europaweit unterschiedlich – aber digital geprägt
Der Vergleich nationaler Märkte verdeutlicht das digitale Gefälle. Skandinavische Länder wie Schweden, Finnland und Dänemark verzeichnen jeweils über 68 % Online-Anteil am Gesamtumsatz.
Dem gegenüber stehen Länder wie Spanien, wo digitale Einnahmen nur einen Bruchteil des Marktes ausmachen. Diese Unterschiede sind nicht allein durch Technologie erklärbar, sondern hängen maßgeblich von nationalen Gesetzen, Lizenzmodellen und Steuersätzen ab.
Deutschland: Casino Reform mit Nebenwirkungen
In Deutschland wurde der Online-Automatenspielmarkt 2022 gesetzlich reguliert. Der Staat vergab Lizenzen an Anbieter wie die DGGS (ehemals Mernov), die mit Plattformen wie JackpotPiraten und BingBong starteten. Nach einem erfolgreichen Start – 429,7 Millionen Euro an Steueraufkommen – setzte rasch Ernüchterung ein.
Bis Ende 2024 fielen die Einnahmen aus diesem Bereich auf 213,5 Millionen Euro. Trotz einer stabilen Gesamtentwicklung im Glücksspielbereich (2,49 Mrd. Euro Steueraufkommen 2024), zeigt das Online-Segment weiterhin Schwächen. Ursachen sind unter anderem:
- Ein begrenztes Spielangebot im legalen Bereich
- Strenge Vorgaben wie Identitätsprüfung, Spielunterbrechungen, Bonusrestriktionen
- Attraktivere Angebote und höhere Gewinnchancen bei illegalen Anbietern
Glücksspiel in Deutschland zwischen Regulierung und Realität
Die deutschen Vorgaben, so begrüßenswert sie aus Sicht des Spielerschutzes sein mögen, führen in der Praxis zu einer Abwanderung in den unregulierten Raum. Dort erwarten Nutzer unbegrenzte Einsätze, Feature-Buys, Autoplay-Funktionen – und keine behördliche Kontrolle.
So bleibt das Ziel eines sicheren, attraktiven Marktes bislang unerreicht. Die EGBA mahnt: „Das Online-Glücksspiel dürfte sich bis 2029 der Parität mit dem landgestützten Glücksspiel annähern.“ Ob Deutschland daran teilhaben wird, ist offen.
Quellen
European Gaming and Betting Association (EGBA)
Bundesministerium der Finanzen
Bildquelle